EIN PSYCHOGRAMM FÜR ALLE FÄLLE

DER PREDICTIVE INDEX (PI) punktet im Recruiting und in der Personalentwicklung als All-in-One-Tool

Um Potentiale von Bewerbern bei der Personalauswahl zu erfassen sind Online-Tests gängige Praxis moderner Unternehmen. Das Angebot an Testverfahren im Bereich Human Ressource ist dabei vielfältig. Aus der Reihe psychometrischer Testverfahren haben wir diesmal den Predictive Index (PI) unter die Lupe genommen.

credits PI
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Schatzsuche im „Ich“
Der Predictive Index (kurz: PI) ist ein Online-Fragebogen, der Eigenschaften und Verhaltensweisen eines Menschen erhebt und diese in vier Hauptkategorien (sogenannten „Persönlichkeitskonstrukte“) einteilt: Dominanz, Extraversion, Geduld und Formalität. Dabei unterscheidet der PI zwischen dem natürlichen Verhalten, einem Rollenverhalten und dem Leistungsverhalten. Im Zuge der Personalauswahl ist der Einsatz des Fragebogens besonders bei jenen Kandidaten sinnvoll, die bereits aufgrund ihrer fachlichen Qualifikationen für eine bestimmte Stelle vorselektiert wurden.

Loyal, mutig und/oder genau?
Der Fragebogen selbst besteht aus einer Liste von Adjektiven (2×86 Items). Einzige Aufgabe für die Kandidaten: Sie müssen online jene Adjektiva ankreuzen, welche sie persönlich als am stimmigsten empfinden. Gewählt wird frei, möglichst aus dem Bauch heraus. Das Ergebnis dieses einfach durchzuführenden – jedoch in der Analyse keinesfalls simplen – Testverfahrens ist eine überraschend detailgenaue Landkarte der eigenen Persönlichkeit.

Ähnlich einer Schatzsuche, ortet der Predictive Index Persönlichkeitsstrukturen; – wertfrei. Um bei dem Bild einer Landkarte zu bleiben: Bewertet wird nicht, ob ein Fluss hübscher ist als ein Berg. Es geht darum, zu erkennen, ob es Berge und / oder Flüsse gibt und wie diese verteilt sind (Psychogramm).

Doch inwieweit sind Persönlichkeitsprofile aussagekräftig?
Ein Psychogramm kann eine entscheidende Zusatzinformation bei der Personalauswahl darstellen. Die optimale Stellenbesetzung, so die HR-Expertin Anja Wurow, hängt auch von den persönlichen Neigungen und Verhaltensweisen der Person ab. Die HR-Expertin aus Hamburg sieht im PI nicht nur eine gute Ergänzung bspw. zu Assessment-Übungen oder strukturierten Interviews, sondern vor allem auch ein wichtiges Tool zur Selbstreflexion. Indem der PI die Grundstruktur der Persönlichkeit verdeutlicht, so die Expertin, schafft er vor allem Verständlichkeit. Damit eigne sich der Predictive Index für erfahrene, geschulte Führungskräfte auch als Mittel zur Konfliktlösung und Teamentwicklung (Datenbank und Auswertung bleiben innerhalb der Firma.).

Auf der Suche nach der Wahrheit
Der PI wurde 1954 von Arnold S. Daniels in den USA entwickelt und 1995 für die Wirtschaft freigegeben. Ihm liegt die Annahme zugrunde, dass Menschen symbolischen Reizen unterliegen.

Fasziniert vom Reiz-Reaktions-Verhalten war auch das US-amerikanische Forscher-Ehepaar Marston. Beide waren auch bekannt als Schöpfer des Polygraph (ein Vorläufer des heutigen Lügendetektors). Eine Vielzahl heute eingesetzter Testverfahren – wie etwa DISG Persönlichkeitsprofil oder Thomas International System – basieren auf den Grundlagen, die Elizabeth und William Marston 1928 aufstellten (siehe dazu den Artikel von Rolf-Armin Schöbel zum Einsatz von psychometrischen Testverfahren).

Abschließend bleibt aber eines festzuhalten: Selbst das valideste und erprobteste Auswahlverfahren wird immer nur einen Ausschnitt des Gesamtkunstwerkes Mensch zeigen. In den Händen wertschätzender und geschulter HR-Experten kann dies zumindest im besten Licht erfolgen. (Autorin: Natascha Batic, März 2014)